Viele Berufskollegen geben den Zuschauern fertige Meinungen vor und sind
auf ihre festgelegten und bewaehrten Konzepte eingeschworen. Ich wollte
schon immer einen flexibleren Weg gehen. Mein eigenes Konzept sollte mehr
Freiraum fuer Diskussionen und freies Denken lassen und den Zuschauer, wenn
es moeglich ist, interaktiv mit einbeziehen, also aus seiner passiven
Haltung wachruetteln. Ich besinne mich mehr auf den traditionellen Begriff
Moderator, also jemand der durch einleitende und verbindende Worte durch
eine Diskussion fuehrt, der neutral und offen bleibt.
Bisher habe ich Talkshows und TV-Lifesstylemagazine im Berliner Kabelnetz
moderiert. Ich versuche natuerlich professionell zu arbeiten. Die noetige
Kompetenz bekomme ich durch die Recherchen und durch Vorgespraeche. Ein
Langweiler will ich nicht sein.
Der Mainstream laesst keine Experimente zu, folglich bleiben andere
Kulturen auf der Strecke und werden hoechstens als exotischer Doku-Beitrag
gesendet. Zum Anderen gibt es Veraenderung in der Kultur der in Deutschland
lebenden Tuerken, von der ersten bis zur dritten Generation liegen manchmal
Welten. Die Jugend sucht ihre eigene Identitaet, sie pendelt zwischen zwei
Kulturen. Derzeit werden leider ueberwiegend tuerkische Jugendliche
gezeigt, deren Machogehabe und infantiles Verhalten als repraesentativ vom
Zuschauer gedeutet werden. Es fehlen Persoenlichkeiten mit interessanten
Biografien.
Mann sollte die tuerkische Kultur schrittweise, angefangen von der Musik,
ueber Kueche, Literatur etc. in regelmaessigen Beitraegen darstellen und
dazu Insider interviewen oder in Aktion zeigen. Welchen Einfluss hatte die
tuerkische (und osmanische) Kultur in den letzten Jahrhunderten und
Jahrzehnten auf die Deutschen? Zum Beispiel Kaffe und Joghurt. Viele
Deutsche sind sich dieser Bereicherung gar nicht bewusst. Hier kann man
ansetzen.
Meine Juristerei hat mir im TV-Business natuerlich manche Tuer geoeffnet
oder auch die Arbeit bei Recherchen erleichtert. Ein Beispiel waere mein
Dreh im Gefaengnis. Damals wollte ich die 'goldene Bruecke' zwischen den
Insassen und der Gesellschaft schlagen. Viele Verurteilte haben einen
Mangel an sozialen Umgang, besonders die einzeln Inhaftierten. Die
Gesellschaft ist sich nicht bewusst, dass dieser fehlende soziale Umgang
den Resozialisierungserfolg stark beeintraechtigt. Es steht ausser Frage,
dass sie rechtmaessig verurteilt und fuer ihre Taten zur Verantwortung
gezogen werden muessen.
Den Inhaftierten fehlen die richtigen Vorbilder. Auch die Gesellschaft kann
diese nicht immer bieten, hier haben die Medien eine Mitverantwortung.
Diese Beobachtung machte ich bereits waehrend meines Jura-Studiums. Meine
Devise: Jedem vom rechten Weg abgekommenem Individuum sollte eines Tages
eine neue Chance gegeben werden.
Je mehr wir von einander wissen ueber unsere Probleme und Aengste desto
leichter verstehen wir einander und koennen Vorurteile abbauen. Jeder
Mensch kann auf seine individuelle Art seinen Beitrag fuer die Gesellschaft
leisten. Wir ernteten ein starkes Vertrauen seitens der verlorenen Jugend
hinter Gittern.
Dem ging aber ein zweijaehriger aufreibender Kampf um eine Drehgenehmigung
voraus. Nach dem Interview, indem sie uns ihre Sorgen und Belange
vermittelten, haben wir (Elif Inci, ebenfalls Moderatorin und ich) die
Initiative ergriffen und sind der starken Nachfrage von Inhaftierten nach
sinnvoller Freizeitbeschaeftigung nachgekommen und haben zu einer
Buecherspendeaktion aufgerufen, die ein grosser Erfolg wurde und
Anerkennung bekam von seiten der Zuschauer, der Anstaltsleitung, der
Inhaftierten und vom Berliner Senat.
mail to: suattime@hotmail.com
www.aviage.de/www/spotsref.htm
Dieser Artikel wurde zum ersten Mal veroeffentlicht in der Berliner Gazette www.berlinergazette.de www.berlinergazette.de
(kw@berlinergazette.de)